Anthroposophie in der öffentlichen Kritik
Zur gesellschaftlichen Aktualität eines Vermächtnisses Rudolf Steiners
Das überwiegend negative Medienecho, welches Anthroposophinnen und Anthroposophen seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie 2020 erfahren, ist gewiss auch einem Mangel an Transparenz geschuldet, den eine nicht geringe Anzahl ihrer sichtbaren Gründungen und Aktivitäten auszeichnet. Zwar trifft der Einwand zu, dass die Mehrzahl der Journalisten und Blogger, die sich aktuell mit der «Zumutung Anthroposophie»[1] beschäftigen, wenig bis gar keine Bereitschaft signalisieren, ein ausgewogenes Bild ihres Gegenstandes zu vermitteln. Stattdessen wird in diversen Beiträgen und Podcasts auf ein «Framing» zurückgegriffen, welches die Grenzen zur Denunziation, ja zur «gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit» (Milosz Matuschek)[2] vielerorts deutlich überschreitet. Nicht ganz zu Unrecht aber gerät eine Bewegung, deren Vertreter auf die Wissenschaftlichkeit ihrer Weltanschauung bestehen, während sie von außen eher als Konservatoren vormoderner Glaubensinhalte und ihrer gesellschaftlichen Refugien wahrgenommen werden, unter den Verdacht, sektiererische, das heißt dem mit der Epoche der Aufklärung einsetzenden Wissenschaftszeitalter widerstrebende, gar feindliche Absichten zu verfolgen.
Wenn manche Bildungseinrichtungen online damit locken, die Auszubildenden mit der «Tatsache» von Elementarwesen und Engelhierarchien vertraut zu machen, auf einigen Websites anthroposophischer Mediziner und Psychologen ein Mixtum compositum aus lexikalischem Behauptungswissen zur Menschenkunde Rudolf Steiners und Versatzstücken moderner Psychologie feilgeboten wird oder hier und da Pädagogen immer noch dem Irrtum unterliegen, sie könnten das Bemühen um eine unvoreingenommene Begegnung mit den ihnen anvertrauten Menschen mit ein paar verallgemeinernden, aus den Vorträgen Rudolf Steiners destillierten Scheingewissheiten etwa zu dem Karma Behinderter umschiffen, dann sollte es nicht verwundern, wenn Spielarten der real existierenden Anthroposophie vermehrt auf den Prüfstand geraten.
Anthroposophie, Öffentlichkeit und die Methodenfrage
In den hier nur gestreiften Zeugnissen problematischer bis grob fahrlässiger Darlebungsformen anthroposophischer Inhalte, denen sich natürlich auch Beispiele des Gelingens gegenüberstellen ließen, tritt eine Fragestellung deutlich zutage: Welche Methode, ja welches Urbild liegt der Anthroposophie als Geisteswissenschaft zugrunde? Das überwältigende, auf den ersten Blick inkohärent erscheinende Panorama unterschiedlicher Erkenntnisansätze, -mitteilungen und -wege, mit dessen Entfaltung der Begründer seinen jeweils zeit- und kontextabhängigen Individualisierungen des Universalienwesens «Anthroposophie» Ausdruck verliehen hat, zieht unweigerlich die Frage nach der Einheit in der metamorphen Vielfalt nach sich.
Ex negativo formuliert: Welchem Umstand ist es zu verdanken, dass Anthroposophen, wenn sie zusammenkommen, um sich über das Selbstverständnis ihrer Weltanschauung ins Reine zu setzen, häufig am Ende ratloser – und wohl auch ein bisschen einsamer – dastehen als zuvor? Liegt dies an einem die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners auszeichnenden «Methodenpluralismus» bzw. daran, dass der Zugang zu ihr «eben ganz individuell» gefunden werden muss? Oder verbirgt sich hinter diesen häufig ins Feld geführten Schlagwörtern vielleicht nicht viel mehr als ein unklares Methodenverständnis, ja eine nicht ausreichend ins Bewusstsein gehobene Wissenschaftsfeindlichkeit? Ein bis dato nur ungenügend überwundenes Erbe der «theosophischen Kinderkrankheit», wie sie Carl Unger, der von Rudolf Steiner überaus geschätzte Erkenntniswissenschaftler, bereits 1905 (!) diagnostiziert hat?[3] Sollte sich aber Ungers damalige Prognose, dass die Anthroposophie gesellschaftlich allenfalls äußerlich Fuß fassen werde, wenn es ihr in Zukunft nicht gelinge, den Kinderschuhen zu entwachsen, im Rückblick auf über ein Jahrhundert als zutreffend erweisen: Verwundert es dann, wenn sich heute nicht nur im anthroposophischen Binnenspektrum, sondern auch im Verkehr mit der «Außenwelt» Missverständnisse auf Missverständnisse türmen?
Ein Beispiel aus jüngerer Zeit mag dem Gemeinten deutlichere Konturen verleihen: In einer Sendung der Reihe «Sternstunde Philosophie und Religion» des SRF vom 11. November 2022 stellten sich Martina Maria Sam, Germanistin und ehemalige Sektionsleiterin am Goetheanum und der Religionsphilosoph Ansgar Martins den kritischen, aber noch fairen Fragen des Moderators zur Anthroposophie. Eine authentisch mit dieser verbundene Martina Sam saß einem von den Medien hofierten Ex-Waldorfschüler gegenüber, dessen Interesse an der Anthroposophie eigenem Vernehmen zufolge ausschließlich historisch-kritischer und soziologischer Art ist. Während Martins, der die Existenz von Engelhierarchien für «Quatsch» hält, in den Arbeiten von Anthroposophen lediglich «Imitationen des Wissenschaftsbetriebs» erblickte, bemühte sich seine Kontrahentin umso engagierter darum, die «Hellsichtigkeit» Rudolf Steiners durch den Verweis auf dessen bereits als Kind vorhandenen außergewöhnlichen Fähigkeiten zu verdolmetschen.
So sehr der Zuschauer auch darauf hoffte: Die erkenntnismethodischen Grundlagen der Anthroposophie kamen im Verlauf der Sendung, von einzelnen eher beiläufig erteilten Fingerzeigen abgesehen, nicht zur Sprache. Dies ist umso erstaunlicher, als sich Sendungen dieses Formats erklärtermaßen an ein philosophisch interessiertes Publikum richten. Das Manko war allerdings zu einem Großteil der Gesprächsführung des Moderators geschuldet, dessen Fragen meist Klischees bedienten. Eine Ad-hoc-Bezugnahme auf die moderne Physik seitens Sams diente in dieser misslichen Lage dann wohl auch dem Ziel, den Zuschauern die Seriosität der «Erkenntnisse höherer Welten» doch noch irgendwie näherzubringen. Der Versuchsballon wurde gestartet, indem man ihn flugs an ein bereits Vertrautes anhängte, das in der öffentlichen Wahrnehmung – anders als die meist zum Skandalon verkommene «Esoterik» – einen guten Leumund besitzt: eben die Quantenphysik.
Diese Sendung machte sichtbar, warum der Dialog zwischen «Anthroposophen und Öffentlichkeit» häufig misslingt. Hier soll nicht der Part des Anthroposophiekritikers interessieren, dessen Abneigungen gegenüber dem von ihm behandelten Forschungsgegenstand sich bereits in Miene und Körperhaltung ankündigten. Auch geht es nicht um Kritik von Menschen, die auf ihrem Feld Beachtliches leisten, sondern von Repräsentationsformen: Denn wenn es selbst namhaften Vertretern einer Hochschule, deren Namenspatron Methoden- und Epochenbewusstsein signalisiert, nicht oder nur unzureichend gelingt, das erkenntnistheoretische Potenzial der Anthroposophie, das Bemühen um Voraussetzungslosigkeit zu vermitteln und sie stattdessen die Aktualität der spirituellen Geisteswissenschaft aus der Exklusivität ihres charismatischen Begründers, den Erfolgen der Tochterbewegungen oder gar der Quantenphysik herzuleiten bemüht sind, muss der Versuch, einen Dialog mit einer durch das Wissenschaftszeitalter geprägten Öffentlichkeit herbeizuführen, als schimärisch gewertet werden.
Jahrzehnte hindurch herrschte innerhalb der anthroposophischen Bewegung eine Haltung vor, die sich so umschreiben ließe: Wenn nur alle ihren persönlichen Begabungen und Neigungen im Umgang mit Anthroposophie aufrichtig und konsequent genug folgen, dann wird daraus schon etwas gesellschaftlich Gutes erwachsen. Hierbei wurden jedoch zwei wesentliche Sachverhalte übersehen:
Das Wahrnehmen esoterischer, künstlerischer oder sonstiger Spezialinteressen, denen nachzugehen biografisch sinnvoll und förderlich sein mag, muss nicht notwendigerweise dem zugutekommen, was uns heute in mannigfachen Symptomen als gesamt- und gegenwartszivilisatorische Aufgabenstellung entgegentritt.
Die Heterogenität der Interessengebiete und Schwerpunktsetzungen mit entsprechend unterschiedlichen Arbeitsteilungen und Lesarten sowie die damit häufig einhergehende Tendenz der «babylonischen Sprachverwirrung», wie sie in allerlei Cliquen- und Lagerbildungen sowie Kontroversen um Deutungshoheiten ihren Niederschlag findet, ziehen unweigerlich die Frage nach sich, worin eigentlich die gemeinsame Verständnis- und Verständigungsgrundlage derjenigen besteht, die sich als Erbinnen und Erben des Werkes Rudolf Steiners begreifen.
Der Rekurs auf entweder nicht oder unzureichend durchschaute Glaubensgewissheiten oder gar auf die Autorität von Eingeweihten, wie er den alten Religionen eigen war und einer bewusstseinsgeschichtlich überholten Form der Gemeinschaftsbildung entspricht, stellt im Zeitalter der Bewusstseinsseele keine überzeugende Option mehr dar. Kann aber in der Frage, was die Vielheit der Arbeitsansätze, Standorte und Aktivitäten verbindet, kein Konsens erzielt werden, dann bleibt letztlich auch die Frage der Gemeinschaftsbildung unlösbar – mit schwerwiegenden Konsequenzen nicht nur für das Binnenleben der Anthroposophischen Gesellschaft.
Die gegenwärtige Suche nach adäquaten Aneignungs- und Ausdrucksformen der Anthroposophie ähnelt vielfach einem Blindflug, der durch Skylla und Charybdis hindurchführt: Während in der Sekundärliteratur des vorigen Jahrhunderts häufig Formulierungen wie «Die Geisteswissenschaft hat herausgefunden, dass …» zu lesen waren, versuchen inzwischen manche Autoren und Seminarleiter den Geruch des Dogmatischen abzustreifen, indem sie bei einem regelrechten Kult der Subjektivität Zuflucht nehmen: Dem beklagten Mangel an Authentizität soll dann zum Beispiel durch eine «gemeinschaftliche Meditation» abgeholfen werden, bei der das Selbsterfahren im Vordergrund steht. Treten aber derartige, der erlebnishungrigen New-Age-Bewegung abgeschaute Gruppenexperimente an die Stelle einer um methodisches Grundverständnis bemühten hermeneutischen Studienarbeit[4], deren Teilnehmer auch die immensen Selbsttäuschungsmöglichkeiten ihrer Erkenntnisaufschwünge in den Blick nehmen, dann sind hier Manifestationen des Doppelgängers Tür und Tor geöffnet. Denn es gibt wohl kaum ein Vorgehen, welches den Genuss- und Geltungsbedürfnissen von Menschen dermaßen Nahrung zuführt, wie die Ermutigung einer Seminarleitung, Spirituelles hier und jetzt zu erfahren und von dem Widerfahrenden Zeugnis abzulegen.[5]
Was ist Goetheanismus? Der ausgebliebene Paradigmenwechsel
Für Rudolf Steiner war das wissenschaftliche Selbstverständnis der Anthroposophie derart zentral, dass er nicht müde wurde, es in den Vorworten und Einleitungen seiner Hauptwerke sowie in seinen Vorträgen unentwegt zu betonen. All seine Erkenntnisanregungen und Aktivitäten, egal ob sie auf dem Gebiet der Kunst, der Medizin, der Landwirtschaft, der Pädagogik oder der Politik erfolgten, bleiben auf diesen Anspruch bezogen – wie die Eisenspäne innerhalb eines Magnetfeldes auf die Pole. Dabei erwartete er nicht, dass der oder die Studierende eine akademische Ausbildung absolvieren müsse. Stattdessen ging es ihm um eine entsprechend einzunehmende Haltung und die daraus resultierende Arbeits- und Forschungspraxis: Diese unterscheide sich gerade von den herkömmlichen Varianten traditionellen Esoteriktreibens aufgrund ihrer Orientierung an dem Ideal der Beobachtungsexaktheit der klassischen Naturwissenschaften und ihres Bemühens um inhaltliche «Voraussetzungslosigkeit».[6] Steiners Insistieren auf Experiment und Beobachtung, deren Methodenideal ihm in den erkenntnispraktischen Schriften Goethes entgegentrat, war somit, anders als von Autoren wie Helmut Zander[7] gemutmaßt wurde, sehr viel mehr als der Kniefall vor einem Trend seiner Zeit, dessen Protagonisten dem Bann der große Erfolge feiernden Naturwissenschaften erlagen und es diesen gleichzutun versuchten. Dem Anthroposophiebegründer dürfte stattdessen vor Augen gestanden haben, dass eine Spiritualität, die ihren methodischen Ansprüchen nicht gerecht wird bzw. hinter diese zurückfällt, im Zeitalter der Bewusstseinsseele Gefahr läuft, abwegig zu werden.
Im Folgenden soll ein Blick auf eine traditionsreiche Praxis des Forschens geworfen werden, welche Anthroposophen mit dem Label «goetheanistisch» versehen. Überschaut man die in der Regel von Naturwissenschaftlern verfasste Literatur dieses Genres, dann fällt trotz Differenzen in Objektauswahl, Gewichtung und Detailfragen eine Gemeinsamkeit auf: Das von der Mehrzahl der Autoren aufgebrachte Verständnis dessen, was «Goetheanismus» sei, unterscheidet sich, was die einseitige Betonung des Forschungsgegenstandes betrifft, deutlich von dem, was Rudolf Steiner unter diesem Begriff verstand: Denn während dieser mit an der Methodologie Goethes geschulten Organen auf die Gesetzmäßigkeit des Erkennens blickte und «seelische Beobachtung nach naturwissenschaftlicher Methode»[8] auf dem Feld des denkenden Selbstvollzuges beginnen ließ, verstehen seine Erben unter «Goetheanismus» vorrangig die Erforschung von Phänomenen der pflanzlichen, mineralischen oder tierischen Welt.[9] Der folgenreiche Paradigmenwechsel aber, den Steiner über Goethe hinaus vornahm, nämlich die Beobachtungshaltung, die der Altmeister exemplarisch in Schriften wie «Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt», «Anschauende Urteilskraft» oder «Metamorphose der Pflanze»[10] skizzierte, auch gegenüber den Denk- und Wahrnehmungsakten aufrechtzuerhalten, gerät hierbei ins Hintertreffen. Goethe selbst hatte diese nur am Rande im Blick.[11]
Die unter Goetheanisten verbreitete Angewohnheit, die erkenntnismethodischen Voraussetzungen des Erkennens entweder nicht oder nur unzureichend ins Bewusstsein zu heben und die an der Beobachtung der äußeren Naturphänomene gewonnenen Einsichten mit allerlei Prämissen und Folgerungen zu durchsetzen, steht nun aber Rudolf Steiners im Anschluss an Goethe formuliertem Kernanliegen entgegen: Dieses zielte darauf ab, eine Wissenschaft des Geistigen auf der Grundlage des jeder Metaphysik abholden, das mathematische Prinzip der lückenlosen, das heißt durch keinerlei vorstellungsassoziative Einschübe unterbrochenen Beobachtung zu initiieren. Eine Praxis, die diesem Bemühen nicht gerecht wird, entspringt einer Haltung, die Rudolf Steiner bereits in seiner Dissertation als «vorwissenschaftlich» zurückwies.[12]
Ohne Not entstand so ein Außenbild goetheanistischer Forschungen und damit auch der Anthroposophie, das in seiner epistemologischen Unbekümmertheit einer Absage an gut 200 Jahre nachkantischer Wissenschaftsgeschichte gleichkommt – ein Sachverhalt, auf den in den 1990er Jahren auch Gernot Böhme aufmerksam machte. Böhme, der an der TU Darmstadt eine Professur für Philosophie innehatte, schätzte gleichwohl die naturphänomenologischen Studien mancher Goetheanisten und nahm einige in einen Sammelband zur «Philosophie der Natur» auf.[13]
Die Krise der anthroposophischen Ausbildungsstätten
Der Frage, ob eine Vielzahl der internen Probleme und auch äußeren Hemmnisse, mit denen die anthroposophische Bewegung gegenwärtig zu kämpfen hat, mit einem mangelhaften methodischen Selbstverständnis zusammenhängen könnte, widmete erst kürzlich Peter Heusser einen instruktiven Aufsatz.[14] Dieser erschien in einem Sammelband, dessen Verfasser die Beziehung von «Goetheanismus und Medizin» ausloten. Der Autor, dessen bereits 2016 veröffentlichte Hauptstudie dem Themenfeld «Anthroposophie und Wissenschaft» gilt[15], plädiert darin für eine Kehrtwende, die dem von Rudolf Steiner gegenüber Goethe vollzogenen Richtungswechsel Rechnung trägt. In seinem Beitrag führt Heusser den Nachweis, dass sich die goetheanistische Forschergesinnung Steiners nicht an den Objekten, auf die sie sich richtet, bemisst, sondern an der seinen Schriften und Vorträgen zugrunde liegenden Methode. Ihre Anwendung setze bei der Beobachtung des Pendelschlages ein, welchen die Erkenntnis suchende Seele im Rhythmus von Zusammenziehung und Ausdehnung zwischen dem Wahrnehmungs- und dem Begriffspol unternimmt. Hier müsse, folgt man den 1924, dem Jahr der Hochschulgründung, von Rudolf Steiner neu aufgelegten und mit einer zweiten Vorrede versehenen «Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung» jede Forschung ihren Ausgang nehmen. Denn ein Denken, das die fundamentale Stufe des Erkennens aus dem Blick verliert, indem es sie nonchalant zu überspringen sucht, nennt Steiner «vorkantisch» und «naiv».[16]
Gesellschaftlich problematisch, so Heusser, werde der «naive» Umgang mit Anthroposophie vor allem in der Ausbildungspraxis, wenn in den Mittelpunkt der Ausbildung zum Mediziner oder Waldorfpädagogen gerade nicht das Studium und Erüben der Phänomenologie des Erkennens nach der Methode Goethes gestellt werde, sondern stattdessen lauter von dem Baum der geisteswissenschaftlichen Menschenkunde gepflückte Vorstellungsfrüchte. Ohne eine entsprechende, die Erkenntnisanstrengung nicht nur propädeutisch rechtfertigende, sondern dauerhaft begleitende methodische Selbstschulung könnten diese aber nur im Sinne eines operationalen Wissenschaftsverständnisses missverstanden werden. Die solcherart Lehrenden mit dem Hang zu «in das Beobachtete hineinphantasierten Modellvorstellungen» und daran anknüpfenden Schlussfolgerungen verhielten sich nicht anders als ihre naturalistisch orientierten Kolleginnen und Kollegen, die Hypothesen auf das Wahrgenommene projizierten und das Ergebnis zu einer reduktionistischen Weltanschauung kompilierten, deren Leerstellen aber unbeobachtet blieben. Anthroposophische Medizin oder Pädagogik würden auf diese Weise, darin der tibetischen Medizin oder der Reformpädagogik gleich, zu beliebigen Angeboten auf dem Jahrmarkt der Alternativen, die sich zu den «schulwissenschaftlichen» Disziplinen lediglich «komplementär», statt methodisch originär verhielten.[17]
In diesem Zusammenhang sei an die Forschungsbeiträge Herbert Witzenmanns (1905-1988) erinnert, der bereits vor Jahrzehnten auf das von Peter Heusser geschilderte Desiderat hingewiesen hatte und es erfolgreich durch selbstständige erkenntniswissenschaftliche Untersuchungen im Anschluss an die Methodologie Goethes/Steiners zu füllen vermochte.[18] Witzenmanns trotz oder gerade wegen der herausragenden Qualität seiner Werke exponierte Stellung innerhalb der anthroposophischen Bewegung, die sich biografisch in seiner Herausdrängung aus dem Goetheanum-Vorstand und anderen Funktionen manifestierte, kann als Symptom dessen gelesen werden, was dem von Rudolf Steiner eingeleiteten methodischen Paradigmenwechsel im Verlauf einer mehr als einhundertjährigen Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft widerfuhr: Er fiel der Verdrängung anheim.[19]
Dem aufrichtigen Willen, sich die Beweggründe und Umstände dieses Sachverhalts mit all ihren in die Gegenwart hineinragenden Konsequenzen vor Augen zu führen, kommt meines Erachtens eine größere Bedeutung zu als dem Spekulieren darüber, ob die Anthroposophische Gesellschaft sich in einer Art «okkulter Gefangenschaft» befinde oder die mit der Weihnachtstagung verbundenen Intentionen Rudolf Steiners dauerhaft «gescheitert» seien. Denn derart weitreichende Urteile sind weder durch eine entsprechende Beobachtungsgrundlage gestützt, noch tragen sie der Möglichkeit Rechnung, dass ein Urbild, das nicht von Menschen ergriffen wird, sich zwar in einen «Wartemodus» begibt, aber keinem «Verduften» im Sinne eines flüchtig aufgelegten Parfüms anheimfällt. Spekulationen der genannten Art leisten demgegenüber einer Haltung der Passivität Vorschub, während es gerade darauf ankäme, diese durch eigenständiges Erkennen und Handeln zu überwinden.
Rudolf Steiners Vermächtnis: Die Weihnachtstagungsstatuten von 1923/24
Jeder Verein in Deutschland hat seine Gründungsstatuten. Was dies angeht, unterscheidet sich die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft einschließlich der ihren Mittelpunkt bildenden Freien Hochschule für Geisteswissenschaft nicht von einem Fußballverein. Worin sie sich aber gleichwohl von diesem unterscheidet, ist der Umstand, dass sich ihre Angehörigen wenig um den Inhalt der für Gesellschaft und Hochschule formulierten Statuten kümmern. Denn das von Rudolf Steiner einige Monate vor seinem Tod vermächtnishaft den Mitgliedern überantwortete Weihnachtstagungsstatut spielt bei den vielfältigen Experimenten, Hochschule und Gesellschaft frischen Lebensodem einzublasen, wenn überhaupt, dann meist nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Es kann natürlich nicht die Absicht sein, ein von dem Gründer hinterlassenes «Regelwerk» aus blinder Gefolgschaft heraus bis in alle Ewigkeit zu konservieren, was überdies dessen eigenen Intentionen widerspräche. Sollte das in den «Prinzipien» von 1923/24 umrissene Urbild von Gesellschaft und Hochschule ergänzungsbedürftig, in Teilen oder gar zur Gänze «überholt» sein, dann wäre dies allerdings im Einzelnen zu prüfen und zu belegen. Solange aber ein solcher Beweisgang ausbleibt, gibt es keinen vernünftigen Grund, den Inhalt des vor einem Jahrhundert den Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaft anvertrauten Statuts der Vergessenheit anheimfallen zu lassen.
Das Augenmerk soll im Folgenden vor allem dem in diesem aufscheinenden Ideal einer Hochschularbeit gelten, dessen Umrisslinien erst bei genauerem Hinsehen zutage treten.[20] Bei den in dem Gründungsstatut der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft genannten fünf Säulen der Hochschularbeit handelt es sich um die Basics moderner Wissenschaftlichkeit überhaupt:
methodisches Vorstudium,
Herstellung eines selbstständigen Ausgangspunktes,
Kultivierung des Bemühens um Voraussetzungslosigkeit,
Wissenschaftspflege (d. i. das Geltendmachen von aus dem «Vorstudium» gewonnenen «Vor-Erkenntnissen»[21] bzw. die fortwährende Methodenvergewisserung und -anwendung) sowie
Forschung.
Die obige Aussage trifft auch dann zu, wenn das Interesse der Hochschulangehörigen nicht der Untersuchung von Wahrnehmungs- und Denkakten bzw. ihrer Anhebeorte, sondern sogenannten äußeren Phänomenen und Verfahrensweisen (wozu hier auch der beobachtungsblinde Umgang mit zu Vorstellungen abgelähmten Begriffen gezählt sei) gilt.
Die sich in der Außenwahrnehmung als ein Relikt des frühen 20. Jahrhunderts ausnehmende «Freie Hochschule für Geisteswissenschaft (Goetheanum)», in der «höhere» Erkenntnisse suchende Esoteriker/innen oft unbeeindruckt von gegenwärtigen Wissenschaftsfragen ihrem persönlichen Schulungsweg nachgehen und allerlei Anliegen verfolgen, birgt jedoch, sofern man sich ihren Begriffsgehalt einmal phänomenologisch vor Augen hält, eine Ansammlung zukunftsweisender Bedeutungen. Ihre Inhalte verweisen auf ein gesamtgesellschaftliches («Zivilisation») und ein epochales («heutige») Anliegen. Bei näherer Untersuchung berühren sie vier ineinander verwobene Frage- und Forschungskomplexe, die ihrerseits den Blick auf weitere, bisher wenig bearbeitete Forschungsfelder freigeben:
Freie: Wodurch entsteht Freiheit im Einzelnen, wodurch Freiheit in Gemeinschaft? Präziser gefragt: Worin unterscheiden sich Freiheit von, Freiheit in und Freiheit zu – bezogen auf den beobachtenden Mitvollzug von «Forschungsergebnissen», die Bildung von Hochschulgruppen und das Selbstverständnis der Hochschule als Institution innerhalb der Öffentlichkeit? Welche Auswirkungen haben unfrei vollzogene Gruppenbildungen auf das Binnenleben der Anthroposophischen Gesellschaft und auf die Stellung der Anthroposophie in der «heutigen Zivilisation»? Worin unterscheiden sich das Einzel- und das Gruppenstudium, in deren Rahmen die «Pflege einer solchen Wissenschaft» des Geistigen durch die Mitgliedschaft zu erfolgen hat? Auf welchen begrifflichen Zusammenhang lenkt Rudolf Steiner den seelischen Blick, wenn er das Substantiv «Pflege» verwendet? Betrachten die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft die «Förderung der Forschung» von Hochschulangehörigen tatsächlich als ihr «Ziel» – und falls ja, welche Formen könnte sie über die Bereitstellung materieller Existenzgrundlagen hinaus annehmen? Und schließlich: Welcher Stellenwert kommt der «Philosophie der Freiheit» Rudolf Steiners und weiteren Grundschriften bei der Lösung all dieser ethisch-individuellen, sozialorganischen und wissenschaftlichen Aufgabenstellungen zu?
Hochschule: Existieren Kriterien, die die Arbeit einer Gruppe von Menschen in den Rang einer «Hochschule» erheben? Welcher Art sind die Prüfungsvoraussetzungen? Kann Hochschulreife erlangen, wer die Grund-, Mittel- und Oberschule zu durchlaufen nicht bereit ist? Was macht einen nach der Experimentalmethode Goethes arbeitenden Repräsentanten der Hochschule aus? Wie lassen sich Hochschularbeit und das Werk Rudolf Steiners vor «sektiererischen» Bestrebungen (Autoritätsglauben, Agnostizismus und Dogmatismus) und solchen der «Politik» (Spielarten eines mainstream-, macht- und erfolgsorientierten Aktionismus) schützen? Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der sogenannte Schutzvermerk[22]? Für welche Usancen im Umgang mit Anthroposophie gilt das Null-Toleranz-Gebot («keine Diskussion»)? Welche Aufgabenfelder beinhalten Forschung und Lehre? Wie verhalten sich Vorstand und Goetheanum-Leitung und wie Hochschule und Anthroposophische Gesellschaft zueinander? Wann gilt das Hierarchie-, wann das Horizontalprinzip?
Geisteswissenschaft: Worin bekundet sich der für das eigene Vorgehen reklamierte Anspruch der Wissenschaftlichkeit? Gibt es allgemein verbindliche Kriterien für diese – oder ist Anthroposophie, wie es oft den Anschein hat, ein Sammelsurium der subjektiven Lesarten, Vorlieben und konsensbasierten Scheingewissheiten? Präziser nachgefragt: Lassen sich methodische Gesetzmäßigkeiten einer «stufenweise» durchzuführenden «Forschung auf geistigem Gebiete» auffinden und anwenden, welche die Selbstzuschreibung «Geisteswissenschaft» rechtfertigen – und wie sähen diese aus? Welche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den Wahrnehmungs- und den Begriffsexperimenten zu?[23] Auf welchem Gebiet entsteht ein «selbstständiger», dem «wahren Geiste der Gegenwart» entsprechender «Ausgangspunkt»? Welche Eigenschaften besitzt ein «Ausgangspunkt» und wodurch wird er erzeugt? Wie schafft das «Selbst» im Vor-Erkennen eine punktförmige Existenz der Zusammenziehung, von der sämtliche «Forschung» ihren Ausgang nimmt? Kann dieser «Unbefangenheit» zugeschrieben werden – und falls ja, mit welchem methodischen Recht? Wie entstehen Urteilsfähigkeit und (intuitiver) Sachverstand, also Beobachtungskompetenz und Objektivitätsberührung? Existieren Kriterien für das Erkennen von Wahrheit (Evidenzproblematik)?
Goetheanum: Warum trägt die Hochschule den Namen Goethes und weshalb findet dieser in dem Weihnachtstagungsstatut gleich zwölfmal Erwähnung? Welche Bedeutung kommt dem Prinzip Beobachtung und Experiment als Beitrag Goethes zu der Idee von «Wissenschaft» und «Hochschule» zu? Wie lautet Goethes Fundamentalkritik an Kants Transzendentalphilosophie? Pointierter gefragt: Was ist Goetheanismus anderes als um vorstellungsinhaltliche Abstinenz bemühte Phänomenologie im Zeichen des Ablehnens jedweder Metaphysik (gemäß Goethes Devise: «man suche nur nichts [da-]hinter …»[24] – eben auch keine «Äther-» und «Astralleiber»)? Warum meinen ausgerechnet Naturwissenschaftler, die sich als Schüler Goethes und Rudolf Steiners verstehen, der an das Gegenstandsbewusstsein unmittelbar anschließenden Erkenntnistheorie entbehren zu können, während doch ihre beiden Lehrmeister durch den Nullpunkt der Voraussetzungslosigkeit hindurchgehen mussten, um ihren Geistbegabungen eine wissenschaftlich-moderne Ausdrucksgestalt und Präzision zu geben? Welche eigenständigen Forschungsbeiträge zur «Methodologie des intuitiven Verstandes»[25] (Eckart Förster über Goethes kaum rezipierte erkenntniswissenschaftliche Anregungen) sind in den einhundert Jahren nach Neugründung der Gesellschaft von Anthroposophen gegeben worden – und in welcher Weise bilden sie die Arbeitsgrundlage von heutigen Goetheanum-Repräsentanten?
Die Allgemeine Anthroposophische Sektion – Aussichten
Die Bearbeitung fundamentaler Fragestellungen dieser Art fiele in den kardinalen Aufgabenbereich einer Allgemeinen Anthroposophischen Sektion, welche nach dem Willen Rudolf Steiners die Basis des zu errichtenden Hochschulbaus mit den übrigen zehn Sektionen bilden sollte.
In den am 23. März 2002 und auch später noch durch Beschlüsse der Generalversammlung abgeänderten Statuten der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft sind allerdings sämtliche Hinweise auf die Notwendigkeit von erkenntnismethodischen «Vorstudien» bzw. einer «stufenweise» zu erfolgenden Schulung, auf die Hochschule als Urbild sowie auf die Schutzbedürftigkeit des Werkes Rudolf Steiners getilgt. Mit etwas moralischer Fantasie lässt sich ausmalen, welche Konsequenzen daraus im Hinblick auf den Umgang mit Anthroposophie resultieren bzw. welchen ohnehin schon verbreiteten «Rezeptionsgewohnheiten» das seiner ursprünglichen Deutlichkeit beraubte Statut damit Vorschub leistet. Ein Mitglied, welches die Methode Goethes nicht in das Zentrum seines Interesses rückt, das also die von dem «Geiste der Gegenwart» nahegelegte Wissenschafts-«Pflege» bzw. das zu einem «kompetenten Urteil» überhaupt erst befähigende «Vorstudium» nicht zum «Mittelpunkte» fortgesetzter «Bestrebungen» macht und sich stattdessen mit allerlei, der persönlichen Neigung entsprechenden Nebenschauplätzen beschäftigt, gleicht aber einem Naturbegeisterten, der zwar liebevolle Hingabe für die Einzelheiten einer Landschaft aufbringt, nichts jedoch zu ihrer Pflege und damit ihren Erhalt beitragen möchte.
Rudolf Steiners Wortwahl im Gründungsstatut ist erstaunlich präzise: Ein «Mittelpunkt» verfügt bekanntlich über einen Umkreis. In diesem dürfen die anderen Bestrebungen, sofern sie dem «wahren Geist der Gegenwart» nicht entgegenstehen, eben auch sein. Wird aber das Periphere zum Wesenskern erhoben und für sich genommen überaus wertvollen Anliegen wie der Meditation der «Klassenstunden» oder der Darbietung von Theater- und Museumskünsten gegenüber den von dem Wissenschaftszeitalter erteilten Schul- und Hausaufgaben der Vorrang eingeräumt, dann drohen Hochschule und Gesellschaft und die damit verbundenen Absichten, das Initiationsprinzip zu einem Zivilisationsprinzip zu machen, zu eskapistischen, den spirituellen Entwicklungsbedürfnissen von Anthroposophen dienenden Unternehmungen zu werden. Es tritt dadurch eine problematische Unverhältnismäßigkeit auf, die sich gegen den Strom der Zeit wendet. Zur Erinnerung: «Sekte» leitet sich unter anderem von dem lateinischen Wort «secare» her, das sich mit «abschneiden» übersetzen lässt. Anthroposophie, wie sie gegenwärtig vielfach gelebt wird, läuft Gefahr, sich von der Bewusstseinsentwicklung der letzten Jahrhunderte und damit der Gegenwartszivilisation abzuschneiden. Für kulturpessimistisches «Schwarzsehen» gibt es allerdings wenig Veranlassung: Das Urbild einer spirituellen Wissenschaftsgesellschaft, wie es in dem Weihnachttagungsstatut von 1923/24 niedergelegt ist, kann jederzeit ergriffen werden, sofern sich Menschen eines guten Willens im Erleben der entsprechenden Evidenzen zusammenfinden. Einhundert Jahre später heißt nicht, dass es dafür schon zu spät ist.
[1] Wolfgang Müller: Zumutung Anthroposophie. Rudolf Steiners Bedeutung für die Gegenwart, Frankfurt a. M. 2021.
[2] Milosz Matuschek: Lasst die Anthroposophen in Ruhe!, in: https://www.freischwebende-intelligenz.org/p/anthroposophen
[3] Carl Unger: Versuch einer positiv-apologetischen Erarbeitung anthroposophischer Geisteswissenschaft, Stuttgart 1966, S. 15.
[4] Zur Praxis der hermeneutischen Grundlagenarbeit siehe Ralf Sonnenberg: Was ist Goetheanismus, was die Esoterik der Anthroposophie? Neuere Studien zur ‹Philosophie der Freiheit› Rudolf Steiners – und das Erwachen aus einer kulturoptimistischen Illusion, in: die Drei 2/2023, S. 57-68.
[5] Vgl. Iris Hennigfeld: «Dass da Seele durch den Weltenraum dringt auf den Schwingen des Lichtes ...». Über den «Lichtseelenatem» als Pendelschlag zwischen Wahrnehmen und Denken und eine Tagung in Stuttgart, in: die Drei, 7-8/2019, S. 48-55.
[6] Siehe zum Beispiel Rudolf Steiner: Theosophie. Einführung in die übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung (GA 9), Dornach 1990, S. 21 f.
[7] Helmut Zander: Esoterische Wissenschaft um 1900. «Pseudowissenschaft» als Produkt ehemals «hochkultureller» Praxis, in: Dirk Rupnow u. a. (Hg.): Pseudowissenschaft. Konzeptionen von Nichtwissenschaft in der Wissenschaftsgeschichte, Frankfurt a.M. 2008, S. 77-99.
[8] Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit. Grundzüge einer modernen Weltanschauung. Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode (GA 4), Dornach 1995.
[9] Dazu prototypisch Wolfgang Schad: Was ist Goetheanismus? In: Tycho de Brahe-Jahrbuch für Goetheanismus 2001, S. 23-66.
[10] Diese und weitere Aufsätze Goethes zur Methodologie finden sich in: Horst Günther (Hg.): Goethe: Anschauendes Denken, Frankfurt a. M. 1981.
[11] Allerdings interessierte sich Goethe durchaus für erkenntniswissenschaftliche Fragestellungen und betrieb ein intensives Kant-Studium. Vgl. Jost Schieren: Anschauende Urteilskraft. Methodische und philosophische Grundlagen von Goethes naturwissenschaftlichem Erkennen, Düsseldorf und Bonn 1998.
[12] Rudolf Steiner: Wahrheit und Wissenschaft (GA 3), Dornach 2010, S. 8 ff.
[13] Gernot Böhme: Phänomenologie der Natur – ein Projekt, in: Gernot Böhme/Gregor Schiemann (Hg.): Phänomenologie der Natur, Frankfurt a. M. 1997, S. 11-43.
[14] Peter Heusser: Goetheanismus, Erkenntniswissenschaft und moderne Naturwissenschaft, in: Friedrich Edelhäuser/Ruth Richter/Georg Soldner (Hg.): Goetheanismus und Medizin, Dornach 2022, S. 15-31.
[15] Peter Heusser: Anthroposophie und Wissenschaft, Dornach 2016.
[16] Rudolf Steiner: Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, Dornach 2003, S. 37 f.
[17] Peter Heusser: Goetheanismus, Erkenntniswissenschaft und moderne Naturwissenschaft, in: Friedrich Edelhäuser/Ruth Richter/Georg Soldner (Hg.): Goetheanismus und Medizin, Dornach 2022, S. 15-31, hier S. 20–27.
[18] Siehe zum Beispiel Herbert Witzenmann: Strukturphänomenologie. Vorbewusstes Gestaltbilden im erkennenden Wirklichkeitenthüllen. Ein neues wissenschaftstheoretisches Konzept im Anschluss an die Erkenntniswissenschaft Rudolf Steiners. Dornach 1983; Herbert Witzenmann: Die Voraussetzungslosigkeit der Anthroposophie. Eine Einführung in die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, Stuttgart 1986 sowie Herbert Witzenmann: Goethes universalästhetischer Impuls. Die Vereinigung der platonischen und aristotelischen Geistesströmung, Dornach 1987.
[19] Herbert Witzenmanns Votum, die von der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung herausgegebenen Vortragszyklen nicht am Goetheanum verkaufen zu lassen, solange die Editoren die Fortexistenz der Hochschule nach dem Tod Rudolf Steiners in Abrede stellten, entsprang einer Praxis, Ideelles nicht operational-nominalistisch im Dienste einer unwahrhaftigen Harmoniesuche, sondern es geistrealistisch aufzufassen. Vgl. hierzu ausführlich Reto A. Savoldelli: Zur Tätigkeit von Herbert Witzenmann im Vorstand am Goetheanum 1963-1988, 3 Bde., Basel 2017.
[20] Siehe sehr viel gründlicher Herbert Witzenmann: Die Prinzipien der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft als Lebensgrundlage und Schulungsweg, Dornach 1984 sowie Herbert Witzenmann: Idee und Wirklichkeit einer Freien Hochschule für Geisteswissenschaft, Dornach 1987.
[21] Die im Folgenden kursiv gesetzten Zitate entstammen den Paragrafen des Weihnachtstagungstatuts. Vgl. Rudolf Steiner: Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft (GA 260a), Dornach 1987.
[22] In den durch die Rudolf Steiner Nachlassverwaltung herausgegebenen Vortragszyklen findet sich der von Rudolf Steiner in § 8 des Gründungsstatuts genannte Schutzvermerk nicht, obwohl er auf die für das Verständnis der Anthroposophie als Wissenschaft unerlässlichen erkenntnismethodischen Zugangsvoraussetzungen verweist. Vgl. hierzu Lutz Liesegang: Zurüstungen. Für Angehörige der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Zum Verständnis der Hochschulidee, Berlin 2020, beziehbar über vorstudium-berlin. @gmx.net
[23] Vgl. Rudolf Steiner: Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung (GA 2), Dornach 2009, S. 62-68.
[24] Herman Krüger-Westend (Hg.): Goethes Sprüche in Prosa 165. Maximen und Reflexionen 488, Leipzig 1908.
[25] Eckart Förster: Die Methodologie des intuitiven Verstandes, in: ders.: Die 25 Jahre der Philosophie. Eine systematische Rekonstruktion, Frankfurt a. M. 2011, S. 253–276.