Stolpersteine gegen das Vergessen – Clara Lehrs in der Zeit der Nazi-Herrschaft
Bevor Clara Lehrs am 22. August 1942 nach Theresienstadt deportiert und später, wahrscheinlich in Treblinka, ermordet wurde, hatte die jüdische Anthroposophin über mehrere Jahre hinweg für ein unverhofftes Wunder der Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten gesorgt.
Ende der 1920er erwarb sie ein Haus in der Schellbergstraße 20 – unweit der Waldorfschule Uhlandshöhe, der ersten Waldorfschule weltweit. Dort entstand 1921/22 die erste integrierte Hilfsklasse für lernschwache Kinder, die von dem „Halbjuden“ und Anthroposophen Karl Schubert geleitet wurde.
Als die Waldorfschule 1938 von den Nazis geschlossen wurde, setzte Karl Schubert seine Arbeit mit den ihm anvertrauten Kindern in privatem Rahmen fort. Clara Lehrs bot ihm und den Kindern in ihrem Haus in der Schellbergstraße dafür eine Zuflucht.
Es ist schwer erklärbar, warum Karl Schuberts Hilfsklasse vom NS-Kultusministerium in Stuttgart geduldet wurde. Entging sie etwa dem Verbot, weil sie verwaltungsmäßig seit 1934 nicht mehr zur Waldorfschule gehörte? Fakt ist jedenfalls: Die teilweise schwer behinderten Kinder wurden „übersehen“ – trotz der systematisch betriebenen Ermordung kranker und behinderter Menschen, im NS-Jargon „lebensunwertes Leben“ genannt. Ausschlaggeben für dieses „Übersehen“ war u. a. das bedingungslose Engagement von Clara Lehrs und Karl Schubert.
Die bundesweite Initiative „Stolpersteine – Gegen das Vergessen“ hat auf ihrer Website Biografien zu Clara Lehrs und anderen Anthroposoph:innen, die durch das NS-Regime umkamen, veröffentlicht.
Clara Lehrs, Schellbergstr. 20
www.stolpersteine-stuttgart.de/biografien/clara-lehrs-schellbergstr-20
Annie, Viktor und Max Ullmann, Schellbergstr. 62
www.stolpersteine-stuttgart.de/biografien/annie-ullmann-schellbergstr-62
Julie Weil, Fideliostr. 15
www.stolpersteine-stuttgart.de/biografien/julie-weil-fideliostr-15
Matthias Niedermann | AGiD, Kommunikation und Projektentwicklung