Anthropoi Bundesverband setzt sich als Fachverband für eine inklusive, vielfältige und demokratische Gesellschaft ein. In unseren 174 Mitgliedsorganisationen leben, lernen und arbeiten Menschen mit und ohne Assistenzbedarf vielfältiger Herkunft, sexueller Orientierung, religiöser und weltanschaulicher Zugehörigkeit. Das Erstarken menschenverachtender und antidemokratischer Haltungen in der Mitte der Gesellschaft und damit die Stärkung populistischer Parteien erfüllt uns mit Sorge.
Nicht erst seit dem Sommerinterview 2023 des thüringischen AfD-Politikers Björn Höcke[1] und dem Bekanntwerden eines Geheimtreffens rechter Aktivist*innen zur Planung groß angelegter Deportationen von Menschen mit Migrationshintergrund und Andersdenkender[2] ist der demokratische und zwischenmenschliche Zusammenhalt in Deutschland gefährdet. Die Infragestellung einzelner Menschenrechte für benachteiligte Gruppen – wie etwa das Recht auf Asyl – ist nur der Anfang. Die selektive Gewährung oder gar Wegnahme von Freiheits- und Schutzrechten bedeutet in der Konsequenz den Verlust der Freiheit für alle Menschen in dieser Gesellschaft. Hiermit werden essenzielle im Grundgesetz verankerte Grundrechte aller in Deutschland lebenden Menschen ausgehebelt.
Als Verband, der sich für die Belange von Menschen mit Assistenzbedarf einsetzt, weisen wir darauf hin, dass dabei insbesondere die Infragestellung der gleichberechtigten Teilhabe, der Selbstbestimmung und der Unterstützung von Menschen mit Assistenzbedarf eine grundlegende Gefährdung für den ethischen Kern unseres Zusammenlebens darstellt. Droht eine Wiederholung der Geschichte? Eine selektive Auswahl und Bewertung menschlichen Lebens darf es nie wieder geben. Die schreckliche und grausame Realität von Verfolgung, Deportationen, Ermordung, Euthanasie und Vernichtung in der Zeit des Nationalsozialismus darf sich niemals wiederholen! Nie wieder ist Jetzt!
Als Bundesverband sind wir grundsätzlich überparteilich. Die aktuelle Entwicklung fordert von uns jedoch eine gesellschaftspolitische Positionierung, die konkrete Parteien und Bewegungen betrifft. Die Arbeit mit Menschen mit Assistenzbedarf, die Tätigkeit im anthroposophischen Sozialwesen und auch die Mitgliedschaft im Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e.V. sind nicht vereinbar mit einer Identifikation mit rechtspopulistischen, völkisch-biologistischen und faschistischen Weltbildern. Das betrifft nicht nur die Mitgliedschaft in der oder das Eintreten für die Alternative für Deutschland (AfD), sondern umfasst auch das Bekenntnis zu oder die Aktivität in weiteren politischen Bewegungen und Parteien, die diese Weltbilder teilen oder eine Kooperation oder mangelnde Abgrenzung zu den Zielen der AfD aufweisen und damit die menschenverachtende Agenda in Kauf nehmen. Dazu gehören aus unserer Sicht neben der Querdenker-Bewegung und den sogenannten Reichsbürgern auch die Werteunion, die Identitäre Bewegung oder die Partei Die BASIS, die sich etwa in Thüringen gemeinsam mit der Werteunion im «Bündnis für Thüringen» unter der Überschrift «Brücken statt Brandmauern» für eine Kooperation mit der AfD einsetzt[3]. Dies wird auch nicht dadurch relativiert, dass dort vereinzelt aus unserer Perspektive wichtige Positionen, wie z.B. das Eintreten für Homöopathie übernommen werden.
Wir fordern die Gesellschaft und jede*n Einzelne*n auf zu einer gemeinsamen Anstrengung zum Schutz der Demokratie, der Menschenrechte und aller Menschen in diesem Land, die durch die oben genannten Angriffe auf ihre grundlegenden Menschenrechte akut gefährdet sind: Im persönlichen Gespräch, in der alltäglichen Arbeit, beim Zeigen von Zivilcourage und bei der Wahlentscheidung. Jeder Mensch ist gefragt. Jede*r kann etwas tun.
Gemeinsam Mensch sein.
anthropoi.de/bundesverband
Stand: 24. Januar 2024
Stellungnahme in einfacher Sprache
Download Leipziger Memorandum Website
[1]https://www.fr.de/politik/news-hoecke-afd-inklusion-empoert-sommerinterview-aussagen-kinder-mitbehinderungen-zr-92451868.htm
[2]https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/
[3]https://www.buendnis-fuer-thueringen.de/wp-content/uploads/sites/13/2023/10/Kurzprogramm_BuendnisFuerThueringen_17_10.pdf