Der Diskurs über Rassismus bei Steiners Werk: Editionsgrundsätze
Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2017
Die Kontroverse um den Rassismus bei Steiner läuft entlang mehrerer Achsen von Dekontextualisierungen. Erstens entlang einer medialen Achse: die mündliche Rede von Steiners Vorträge wurden stenographisch fixiert und später in Schriftform editiert. Mündlich verbreitete Inhalte, die zunächst nur „fluiden“ Charakter hatten, wurden in Schriftform „eingefroren“ und im ersten Schritt in physikalischen Medien (Bücher etc.) abgespeichert. Mussten vor 30 Jahren Leser:innen sich in der Regel noch zum Speichermedium hinbewegen, ist dieses Medium selbst im digitalen Raum wieder fluide geworden – örtlich ungebunden, scheinbar zeit- und inhaltlich kontextlos.
Die zweite de-kontextualisierende Achse verläuft zwischen Auffassungen, die die Existenz problematischer Aussagen verleugnen und denjenigen, die ausschließlich diese berücksichtigen – hier geht oftmals der Unterschied zwischen fremden und eigenen Vorstellungen verloren und damit der Kontext in dem eine sachliche sowie dialogische Auseinandersetzung überhaupt möglich wird. Die Beiträge im Sammelband versuchen, diesen Achsen der Dekontextualisierung einen sachlichen Kontext entgegenzustellen.
In seinem Beitrag beschreibt Dr. Albrecht Hüttig den aktuellen wissenschaftlichen Diskurs über Rassismus. Was ist Rassismus? Was sind seine historischen Ursprünge? Wie wird Rassismus in der Psychologie und Pädagogik diskutiert? Und mit welchen Tendenzen entwickelt sich die Diskussion? Welche Relevanz hat diese für die Beurteilung von Rudolf Steiners Schriften?
Im Beitrag von Wenzel Götte geht es zunächst um Steiners anthropologisches Verständnis der Individualität. Der Antisemitismus, gegen den sich Steiner publizistisch gewendet hatte, wird als eine Variante des Rassismus und der Antijudaismus als eine religiös begründete Ablehnung diskutiert. Steiners Aussagen zur menschlichen Individualität einerseits und zu Abstammung, Volk etc. andererseits werden herausgearbeitet und anhand von Steiners Entwicklungsgedanken kontextualisiert.
Im dritten Beitrag beschreibt der Steiner-Herausgeber David M. Hoffmann, nach welchen Grundsätzen die Schriften Rudolf Steiners herausgegeben werden. Die rechtlichen Auseinandersetzungen rund um die problematisierten Passagen im Werk Steiners werden dargestellt und Einblicke in die professionellen Anforderungen und Perspektiven der Edition gegeben. Dabei wird auch die jeweilige Rezeptionshaltung reflektiert.
Hüttig, Albrecht (Hrsg.): Kontroversen zum Rassismusvorwurf. Der Diskurs über Rassismus – Rassismus bei Steiner – Steiners Werk: Editorische Konsequenzen. Berliner Wissenschafts-Verlag. Berlin 2017.
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